Dieses Thema ist jetzt mal völlig losgelöst von Kräuter und Co.
Gerade wieder heiß diskutiert: Der Mindestlohn. Ich bin ja in meinem Brotberuf ab und an auch mal auf der Arbeitgeberseite tätig, habe auch oft genug als Arbeitnehmer gedient. Ich kenne also beide Seiten. Ob uns der Mindestlohn allerdings aus der Krise holt, wage ich zu bezweifeln.
Keine Frage: Es gibt Löhne, die sind geradezu menschenverachtend. Ich bin durchs Steuerfach meist bei freiberuflichen Arbeitgebern gewesen, die zahlen ohnehin keine Tarife, oder ich hatte „nette“ Chefs, die sich aus der Tarifbindung freigekauft hatten. Ich gehörte so oder so nicht zu den tarifverwöhnten Arbeitnehmern und auch den Luxus, für die Durchsetzung besserer Arbeitsbedingungen zu streiken, gibts in meinem Brotberuf nicht. Ich gebe zu, dass ich da ab und an schon ein wenig neidisch auf die durch Gewerkschaften vertretenen Arbeitnehmergruppen schielte. Aber so wie mir geht es vielen, sei es der Bäckereifachverkäuferin, der Floristin, oder der Friseurin… ich glaube die meisten sind wirklich froh, irgendwo einen Job zu haben.
Auf der anderen Seite hatte ich als Arbeitgeberin auch schon Arbeitnehmer. Hier musste ich bereits Mindestlohn zahlen. Im Prinzip spricht da nichts gegen, aber da kollidiert die Theorie mit der Praxis. Es gab in der Branche eine Menge schwarzer Schafe, die eben KEINE Mindestlöhne zahlten, auch viele Schwarzarbeiter hatten und so jegliche Ausschreibung „gewannen“. Aufträge kann ein ehrliches Handwerk so nahezu vergessen, jedenfalls so lange, wie es der Gesetzgeber nicht schafft, die schwarzen Schafe vom Markt zu holen. Leider ist meist das Gegenteil der Fall: Die öffentliche Hand vergibt ihre Aufträge dem „Preiswertesten“, der nun mal nicht immer der Ehrlichste ist.
Wenn ich da an den Handwerkermeister ums Eck denk, der mal grad ein, zwei Gesellen beschäftigen kann, der dürfte mit Mindestlöhnen auch in die Bredouille kommen. Er kürzlich klagte mir ein Drucker (ein Ein-Mann-Betrieb), dass er beinahe in Konkurs ging, weil das Arbeitsamt seinem Gesellen eine Existensgründung finanzierte, dieser damit die Preise am Markt weit nach unten trieb und die auf sich gestellten Ein-Mann-Druckereien nach und nach die Pforten schließen mussten.
Nach Ablauf der Bezuschussung des Arbeitsamtes konnte aber auch der Existenzgründer sein Unternehmen nicht mehr halten. Somit hat eine eigentlich gut gemeinte Maßnahme mehrere Existenzen gekostet.
Aber auch von Arbeitnehmerseite ist das oft nicht gewollt. Glauben Sie nicht? Ich erlebe das immer wieder. Für einen Kunden suche ich händeringend Personal (Gastronomie). Seit drei Monaten z. B. einen Koch. Wenn Sie mal beim Arbeitsamt nachfragen, werden Ihnen viele arbeitssuchende Köche aufgelistet. Wenn von denen tatsächlich einer zum Gespräch erscheint und die Frage nach dem Arbeitslohn auf den Tisch kommt, so wird dreist verlangt, dass der Lohn schwarz gezahlt wird, damit nebenbei auch noch Hartz IV abgegriffen werden kann… Wirklich offiziell richtiges Geld verdienen mochte bisher noch keiner…
Wer sich ein bisschen mit kaufmännischen Grundsätzen auskennt, der weiß, dass eine Gastronomie sich Schwarzzahlungen gar nicht erlauben kann. Damit meine ich nicht mal irgendwelche Strafen im Falle der Aufdeckung. Aber jeder „schwarze“ Arbeitnehmer ist nicht versichert. Berufsunfälle im gastronomischen Bereich sind nicht gerade selten. Außerdem muss der Unternehmer Schwarzgeld aus der eigenen Tasche zahlen. Er kann es nicht „absetzen“ und kommt mit so einer Vereinbarung sogar oft noch schlechter davon, als würde er die Löhne regulär bezahlen.
Nun, glauben Sie es, oder nicht, hier bei uns oben scheint es keine Köche zu geben…
Ich bin absolut dafür, dass wir alle, ob Arbeitgeber oder Arbeitnehmer anständig verdienen. Bei vielen Arbeitgebern ist leider noch nicht angekommen, dass nur ein zufriedener Arbeitnehmer auch ein guter Arbeitnehmer ist. Aber auch bei viele Arbeitnehmer verstehen einfach nicht, dass manch ein Chef einfach nicht mehr zahlen kann… manch ein Unternehmen steht selbst am Rande der Betriebsaufgabe. Und die kriegen keinen Zuschuss vom Staat wie die Banken oder seiner Zeit die Holzmann Gruppe.
Ich will damit nur sagen: Mit dem Knüppel geht gar nichts. Für viele Arbeitgeber würde der Mindestlohn zur Geschäftsaufgabe führen. Und die, die sich eine Mindestlohnzahlung leisten könnten, stellen mittlerweile nur noch ungelerntes Personal mit Zeitarbeitsverträgen ein, oder bemühen gleich einen Subunternehmer, der nun seinerseits den „Mindestlohn-Schwarzen-Peter“ hat. Denn so gerecht ein Mindestlohn für den Arbeitnehmer auch wäre, wer soll ihn denn bezahlen?
Größe Konzerne lassen doch schon lange im Ausland arbeiten.
Ich fürchte, dieses Problem kann nicht über Mindestlöhne gelöst werden. Wer sich die nicht leisten kann, gibt auf oder setzt auf Schwarzarbeit. Andere scheren sich einfach nicht darum. Wenn die Behörden dann nachfragen, wird mit Massenentlassung gedroht und schon ist Ruhe… ja, das habe ich wirklich so erlebt. Auch ein Grund, warum ich der Welt der Zahlen den Rücken gekehrt habe und lieber eigenverantwortlich, aber ehrlich einen bescheidenen Neustart wagte.
Insgesamt, so behaupte ich einfach aufgrund meiner bereits länger andauernden Existenz auf diesem Planeten, ist unsere Wirtschaft auf einem schlechten Weg. Tja, hätte ich da eine Patentlösung, würde ich mich für den Kanzlerposten bewerben, hab ich leider nicht. Vielleicht sollten die Regierenden das Geld einfach mal auf innovative Firmenkonzepte setzen und nicht irgendwelchen Bankmanagern nachschmeissen. Dieses Aufstacheln von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gegeneinander durch solche Diskussionen wie Mindestlohn lenkt ja nur von den Fehlleistungen unserer Führenden ab. Wie man sieht, sehr erfolgreich.
Ich wünsche mir, dass Unternehmer und Arbeitnehmer wieder aufeinander zugehen können. Das gilt für den Selbständigen, der seinen Mitarbeiter schätzt und ausreichend honoriert genauso, wie für den Mitarbeiter, der in dem Chef nicht immer nur den Blutsauger sieht (zugegeben, davon gibts heutzutage leider sehr viele). Wenn wir das schaffen könnten, dann könnte man zusammen mal der Führungsriege in Berlin ein wenig Feuer unterm Hintern machen.
Tja, so gehöre ich auch zu denen, die ihren Senf dazu geben, aber keine Lösung parat haben. Trotzdem musste ich das mal loswerden. Genaugenommen müssen wir alle an einem Strang ziehen. Die Leute sind ja nur so erbost, weil unsere Politiker oder die Manager mancher Unternehmen das eben NICHT tun und dicke Taschen haben – unverdient… ich hätte kein Problem mit dem Kürzertreten, aber nur, wenns wirklich für alle gilt. Und Mindestlohn gern, dann aber für alle – auch für den kleinen Unternehmer, wo es dann wohl eher Mindestgewinn heißen müsste…
Ideen zur Realisierung des Ganzen nehm ich gern entgegen. Vielleicht können wir ja doch was auf die Beine stellen. Wenn wir was erreichen wollen, dann müssen wir zusammenarbeiten. Das gilt für BEIDE Seiten, dass kann man gar nicht oft genug betonen.




