(Ein Abend für Ruth Wolf-Rehfeldt im Haus für Poesie, Berlin 20.02.2019. Fotografie: Kristin Wohlrab)
Die Künstlerin Ruth Wolf-Rehfeldt wird mit der Verleihung des Hannah-Höch-Preises 2022 des Landes Berlin für ihr umfangreiches Œuvre gewürdigt, wovon vor allem die Schreibmaschinengrafiken einem internationalen Publikum bekannt wurden. Im Laufe ihrer langen, fruchtbaren Schaffenszeit schuf die Künstlerin einen Werkkomplex, der aktueller nicht sein könnte. Dazu das Kupferstichkabinett Berlin: „Obwohl Wolf-Rehfeldts Typewritings mehr als 30 Jahre alt sind, sind sie hochaktuell. Sie verhandeln den Wandel der Kommunikationsmedien und ihrer Netzwerke, die globale Kommunikation mit und ohne Grenzen und sie stellen die Frage, nach dem Wert von Information – man denke an heutige Debatten um Fake News und Zensur.“
Der Hannah-Höch-Preis wird seit 1996 von der Kulturverwaltung des Berliner Senats für ein herausragendes künstlerisches Lebenswerk verliehen. Der Preis ist zu Ehren der Künstlerin Hannah Höch (1889–1978) benannt, die mit ihrem Werk als Dadaistin internationale Berühmtheit erlangte.
Die Ausstellung findet vom 01.11.2022 – 05.02.2023 im Kupferstichkabinett Berlin, Kulturforum, Matthäikirchplatz, 10785 Berlin, statt. Es erscheint ein Katalog.
The artist Ruth Wolf-Rehfeldt was awarded the Hannah Höch Prize 2022 by the State of Berlin for her extensive oeuvre, which first became known to an international audience through the typewriter graphics created between 1972 and 1989. In the course of her long, fruitful creative period, the artist created a complex of works that couldn’t be more topical. The Kupferstichkabinett Berlin comments: “Although Wolf-Rehfeldt’s typewritings are more than 30 years old, they are highly topical. They negotiate the change in communication media and their networks, global communication with and without borders, and they ask the question of the value of information – think of today’s debates about fake news and censorship.”
Established by the Federal State of Berlin in 1996, the Hannah Höch Prize is awarded in recognition of a lifetime of achievement to visual artists. The Hannah Höch Prize celebrates the memory of renowned artist of Germany’s Dada movement, Hannah Höch (1889–1978).
The exhibition will take place from November 1st, 2022 – February 5th, 2023 in the Kupferstichkabinett Berlin, Kulturforum, Matthäikirchplatz, 10785 Berlin. A catalog will appear.
Der Vortrag von Dr. Lutz Wohlrab am 100. Geburtstag von Joseph Beuys im museum FLUXUS+ in Potsdam fand ohne Publikum statt. Hier die Links zur Aufzeichnung Teil 1, Teil 2 und Teil 3.
Montage: Dr. Philipp John
(Wandbild von Martin Wilke an der Langhansstraße 64 in Berlin-Weißensee, Mitte der 1980er Jahre. Fotografie: Andreas Münstermann)
Jörg Sonntag wurde 1955 in Lichtenstein/Sachsen geboren. Er studierte von 1978 bis 1983 Malerei und Grafik in der HfBK Dresden. Danach wurde er freischaffender Bildender Künstler.
Seit Ende der 1970er Jahre entwickelt er eigene Mail Art-Projekte und er war an vielen internationale Projekten beteiligt. Ende der 1980er Jahre arbeitete er an Videoinstallationen und Performances und seine Ausstellungen wurden immer mehr zu Rauminstallationen. Anfang der 1990er Jahre initiierte er gemeinsam mit Freunden das Kunstmagazin „reiterIN“. Hintergrund für diese Kunstzeitschrift waren Künstlerbücher, die er in der DDR herausgegeben hat oder an denen er beteiligt war.
Danach folgten Jahre der medienkünstlerischen Spezialisierung auf. Er war an der Gründung der TransMediaAkademie Hellerau mit einem eigenen Labor in den Hellerauer Werkstätten und der Inszenierung der CYNETART als Festival für computergestützte Kunst im Festspielhaus Hellerau beteiligt. Gemeinsam mit Hartmut Dorschner gründete er 2001 das blueLAB mit einem Studio in der BlauenFabrik – das erste Dresdner Interface Labor mit vielen intermedialen Experimenten.
Sonntag arbeitet im Grenzbereich zwischen Bildender Kunst, Musik, Tanz und medialer Programmierung. Derzeit arbeitet er an einer medialen Installation mit dem Titel „Erlebnisraum Natur“ im Ostrale Zentrum Dresden und er ist mit interaktiven Projektionen am YENIDZE Theater beteiligt.
Mail Art-Aktivitäten
Sonntag war bereits in seiner Studienzeit mit Robert Rehfeldt befreundet, der ihn in die Mail Art-Szene eingeführt hat. Robert war es auch, der ihn 1983 aus einem Disziplinarverfahren mit Androhung der Exmatrikulation herausgeboxt hat. Das hing mit seiner Edition des „BAMBU“-Magazins zusammen.
Zur 8. Biennale 1980 in Krakau, startete Robert Rehfeldt eine größere Mail Art-Aktion, an der Jörg Sonntag beteiligt war. Dazu forderte Robert Rehfeldt seine Kontakte auf, Postkarten direkt nach Krakau zu senden. Unter dem Titel „Kunst im Kontakt“ war ein ganzer Ausstellungsraum mit Mail Art-Beiträgen entstanden.
„Draw with this“ war 1981 das erstes eigenes Mail Art-Projekt. Sonntag hatte kurze Bleistifte oder auch Buntstifte mit Klebestreifen auf eine Postkarte aufgeklebt und die Forderung damit verbunden, diesen Stift zu verwenden und das Ergebnis an ihn zurück zu schicken.
1983 bekam er die Einladung von Ubaldo Giacomucci, ein Mail Art-Magazin mit dem Titel „BAMBU“ zu organisieren. Ubaldo hatte mit dieser Edition 1981 begonnen und Jörg Sonntag hat 1883 „BAMBU Nr. 5“ herausgegeben. Idee war es, Mail Artisten aus der eigenen Adressliste einzuladen, sich mit 100 Exemplaren an dem Assembling zu beteiligen, dann das Magazin zu binden und an die Beteiligten zurück zu senden.
Beispiele aus “Bambus Nr. 5”, 1983
„BAMBU“ Edition aus der Stasi-Akte Guy BleusKo de Jonge
Reproduktionen der „BAMBU“ Edition aus der Stasi-Akte von Jörg Sonntag,
Die Siebdruckseite im Format A4 aus seiner Buchedition „RAUMBILD“ von 1985 hat er dazu verwendet, das Projekt „COLLAGE ON THIS“ zu initiieren. Die Frontseite war dieser Farbauszug und die Rückseite (die auch einige Teilnehmer zur Gestaltung genutzt haben) war der Titel als Aufforderung zur Weitergestaltung dieser Siebdruckvorlage. Das Projekt „COLLAGE ON THIS“ lief über den Zeitraum von zwei Jahren (1985-86). 44 Exemplare befinden sich im Archiv von Jörg Sonntag.
Im Jahre 1986 habe er eine Ausstellung von Kees Francke in seinem Studio auf der Laubestraße in Dresden organisiert. Der holländische Mail Artist reiste damals mit seinem Projekt “Das Paradies der Arbeiter“ durch Osteuropa und das Atelier von Jörg Sonntag war eine Station auf seiner Reise.
1986 hat er für Robert Rehfeldt eine Personalausstellung im Leonhardi-Museum organisiert. In dieser Zeit war er Arbeitsgruppenleiter im Museum.
Im November 2023 fand die Mail Art-Retrospektive „Aus dem Elbtal in die Welt“ in der Galerie Raskolnikow in Dresden statt. Sonntag war unter seinem Pseudonym Jo Siamon Salich an dieser Ausstellung beteiligt. Zur Eröffnung führte er gemeinsam mit G.X. Jupitter Larsen virtuelle Soundproduktion auf, einem Mail Art-Pionier, zu dem er wieder Kontakt aufgenommen hat.
Ausgewählte Arbeiten/selected works
Jörg Sonntag was born in Lichtenstein/Saxony in 1955. He studied painting and graphics at the HfBK Dresden from 1978 to 1983. He then became a freelance visual artist.
He has been developing his own mail art projects since the late 1970s and has been involved in many international projects. At the end of the 1980s he worked on video installations and performances and his exhibitions increasingly became spatial installations. At the beginning of the 1990s, he and friends initiated the art magazine “reiterIN”. The background for this art magazine were artist books that he published in the GDR or in which he was involved.
This was followed by years of media art specialization. He was involved in the founding of the TransMediaAkademie Hellerau with its own laboratory in the Hellerau workshops and the staging of CYNETART as a festival for computer-aided art in the Festspielhaus Hellerau. Together with Hartmut Dorschner, he founded the blueLAB in 2001 with a studio in the BlauenFabrik – the first interface laboratory in Dresden with many intermedia experiments.
Sonntag works in the border area between fine art, music, dance and media programming. He is currently working on a media installation entitled “Nature Experience Space” in the Ostrale Zentrum Dresden and he is involved in interactive projections at the YENIDZE Theater.
Mail Art Activities
Sonntag was already friends with Robert Rehfeldt during his student days, who introduced him to the mail art scene. It was also Robert who kicked him out of disciplinary proceedings in 1983 with the threat of exmatriculation. This had to do with his edition of the “BAMBU” magazine.
For the 8th Biennale in Krakow in 1980, Robert Rehfeldt started a larger mail art campaign in which Jörg Sonntag was involved. Robert Rehfeldt asked his contacts to send postcards directly to Krakow. Under the title “Art in Contact” an entire exhibition room with mail art contributions was created.
“Draw with this” was the first email project in 1981. Sonntag had stuck short pencils or colored pencils with adhesive strips on a postcard and demanded that he use this pencil and send the result back to him.
In 1983 he received an invitation from Ubaldo Giacomucci to organize a mail art magazine called “BAMBU”. Ubaldo started this edition in 1981 and Jörg Sonntag published “BAMBU No. 5” in 1883. The idea was to invite mail artists from your own address list to take part in the assembly with 100 copies, then bind the magazine and send it back to those involved.
He used the screen-printed page in A4 format from his 1985 book edition “RAUMBILD” to initiate the “COLLAGE ON THIS” project. The front was this color separation and the back (which some participants also used for design) was the title as an invitation to further design this screen print template. The “COLLAGE ON THIS” project ran over a period of two years (1985-86). 44 copies are in Jörg Sonntag’s archive.
In 1986 he organized an exhibition by Kees Francke in his studio on Laubestrasse in Dresden. The Dutch mail artist was traveling through Eastern Europe with his project “The Workers’ Paradise” and Jörg Sonntag’s studio was a stop on his journey.
In 1986 he organized a personal exhibition for Robert Rehfeldt in the Leonhardi Museum. During this time he was a working group leader at the museum.
In November 2023, the mail art retrospective „Aus dem Elbtal in die Welt“ (“From the Elbe Valley to the World”) took place at the Raskolnikov Gallery in Dresden. Sonntag was involved in this exhibition under his pseudonym Jo Siamon Salich. At the opening he led together with G.X. Jupitter Larsen is setting up virtual sound production, a mail art pioneer with whom he has reconnected.